28 Oktober 2017

Neue Erlebnisse mit der Deutschen Bahn

So sollte eine Reise immer beginnen: Ausgeschlafen frühstücken und dann in der Bahn-App sehen, dass der 9:06 von Andernach nach Koblenz nur 6 Minuten Verspätung hat - aber er fährt. Um zehn vor neun im Bahnhof dann die irritierende Feststellung, dass auf dem ausgehängten Abfahrtsplan bereits 9:12 steht. Wie sie diesen großen Plan so schnell neu gedruckt haben, ist mir ein Rätsel, zum als noch kein Bahnmensch weit und breit zu sehen ist. Aber gut, die Ansage über Lautsprecher verkündet ebenfalls die planmäßige Abfahrt um 9:12 auf Gleis 1. Endlich mal was, das klappt, toll.
Einer inneren Eingebung folgend gehe ich um 9 Uhr zum Bahnsteig, wo sich bereits ein erkleckliches Völkchen eingefunden hat. Belustigt folgt man den Ansagen, die wechselweise über Baustellen, Verspätungen und Zugausfälle berichten. Nur unsere Regionalbahn scheint nicht betroffen zu sein. Und tatsächlich rollt der Zug dann ein, es sing genügend freie Sitzplätze vorhanden, wir fahren ab. Kurz vor Weißenthurm schaue ich auf die Uhr - 9:09!
Ich frage meinen Nachbarn, ob jetzt wirklich die Bahn zu früh war. Der ist genauso erstaunt, das wäre für uns beide ein Premiere und ist eigentlich unvorstellbar. Wir ziehen eher temporäre Phänomene von Zeitverschiebung in Betracht, können uns das nicht anders erklären.
Als wir dann kurz vor Lützel eine sechsminütige Pause auf freiem Feld einlegen, ist das galaktische Zeitgefüge wieder im Takt und ich steige planmäßig in Koblenz aus.
Petra kommt auch kurz darauf am Bahnhof an. Gemeinsam beobachten wir besorgt die Anzeigetafel.

Interessante Tafel, besonders die rechte Spalte

Die meisten Züge haben Vermerke wie 'Zug fällt aus', 'Wg Baustelle ...' oder '+Verspätung XX Minuten+', unser IC taucht noch nicht auf. Wir gehen früh genug zum Bahnsteig, gehen lt. Wagenstandsanzeiger ans südliche Ende des Bahnsteigs - und lauschen dort der Ansage, dass die Wagenreihenfolge neu ausgewürfelt wurde. Zum Glück versteht Petra die folgende Ansage, dass unser Wagen 17, eigentlich als letzter Wagen geplant, an zweiter Stelle einfahren wird. Hinter Wagen 15, danach hören wir nicht mehr zu und machen uns auf den halbstündigen Weg zum Nordende des Bahnsteigs.
Und tatsächlich, der Zug ist pünktlich, Wagen 17 ist dabei, die reservierten Plätze sind frei. Wenn man fest dran glaubt, dass am Ende alles gut wird, klappt das auch.

Jetzt geht's looos!

So genießen wir die weiteren Ansagen über Verspätungen und andere lustige Sachen wie 'Ich darf Sie auf unserer Bordbistro hinweisen. Kaffee ist dort heute leider nicht erhältlich.'. Hier wird es nie langweilig.
Petra hat vorsichtshalber genug Strickwolle eingepackt. Wie gut!

Und tatsächlich, hinter Osnabrück wird es nun richtig kuschelig. Die Verspätung ist mittlerweile auf 45 Minuten angewachsen. Wir stehen mitten im Nichts. Und warten. Die nette Zugführerin informiert uns, das vor uns ein Güterzug liegen geblieben ist. Natürlich just auf unserem Gleis. Alle zehn Minuten ruckeln wir ein wenig weiter, um dann mit neuer Ansage wieder stehen zu bleiben. Aktuell ist der Güterzug in Sichtweite, die Zeitdilatation beträgt 63 Minuten. Und nun fahren wir am Güterzug vorbei. Es besteht tatsächlich die Chance dass wir Hamburg noch bei Tasgeslicht erreichen. Für Bremen werden gerade 75 Minuten angesagt. Petra vollendet das zweite Paar Socken. Geht doch!

Am Ende lerne ich trotz langjähriger Bahn-Erfahrung noch etwas Neues dazu. Im Zug verteilen die Zugbegleiter abgestempelt Reklamation storm unsre mitsamt Briefcouverts. Ich fülle bereits im Zug alles aus, im Hamburger Hauptbahnhof ergänze ich noch die Ankunftszeit, mehr als eine Stunde verspätet. Ich finde jedoch keine Möglichkeit, das zweite Ticket für Petra mit anzugeben, ich hab die beiden Plätze zusammen gebucht.
Die freundlichen Bahnmenschen in Hamburg klären mich darüber auf, dass nur eine Erstattung pro Buchung gewährt wird. Und da ich die Rückfahrt direkt mit gebucht habe, muss ich diese erst abwarten, damit ich das Originalticket mit der Reklamation abgeben kann.
Also: Zukünftig Hin- und Rückfahrt getrennt buchen, und zwar für jeden einzeln. Die Bahn wird nicht von heute auf morgen pünktlich sein, und so bekommt man für jede Verspätung über einer Stunde einen Teil des Fahrpreises zurück, und das gilt dann für jeden Mitfahrer. Wieso die Bahn sich solcher Winkelzüge im Kleingedrucktes bedient, mag sich jeder selbst beantworten..

Wir sind gut angekommen und fallen nach einem opulenten Abendessen im Hotelrestaurant gleich müde in die Betten.


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