19 Dezember 2017

Abschied bei der Familie

also wurde gefrühstückt

Das letzte Frühstück in unserem schnuckeligen also-Hotel an der Hardt durften wir ganz alleine genießen, da alle anderen Gäste komischerweise vor halb neun das Haus verlassen hatten. Ein sehnsüchtiger letzter Blick durch den kleinen Frühstückssaal, hier haben wir die letzten Tage stets gemütlich begonnen. An der Rezeption erfahre ich dann, dass für das letzte Mai-Wochenende 2018 leider nur noch neun Einzelzimmer frei sind und ich mir somit für unsere nächste ver.di-tour diesen Vorschlag sparen kann.

Nach dem Packen und einer herzlichen Verabschiedung erlebten wir dann, wie voll eine Schwebebahn im Alltagsverkehr wirklich werden kann. Kaum vorstellbar, dass da überhaupt noch jemand rein passen könnte. Aber nützt ja nix, wo sechs aussteigen, passen auch acht wieder rein, zwei davon mit vollem Gepäck. Alle Mitreisenden trugen die Situation mit stoischer Ruhe, man rückte halt enger zusammen. Meine frisch installierte VRR-App hatte mir gesagt, dass der Bus nach Velbert an der Haltestelle Ohligsmühle/ZOB abfährt, wir stiegen aber in Elberfeld am Hbf. aus, weil wir Koffer und Reisetasche lieber im Schließfach deponieren wollten als sie mit nach Velbert zu schleppen. Im seit Jahren im Umbau befindlichen Hauptbahnhof, fanden wir auch vieles, nur keine Schließfächer. Vielleicht schauen wir in sieben Jahren nochmal vorbei.

Die nette Dame im Kiosk an der Schwebebahnhaltestelle verkaufte uns die Bustickets und schickte uns damit zur Morianstraße.
"Nicht zum ZOB Ohligsmühle? Der ist doch ganz in der Nähe."
"Nee nee, gehen sie zur Morianstraße, weil da fahren alle ab."
Ok, die Morianstraße ist nicht weit, wir rollten mit unserem Gerödel dahin, und es standen dort gefühlte fünfzig Menschen an fünf hintereinander liegenden Haltestellen. Wir sahen uns das große Schild an, tasächlich waren hier sehr viele Buslinien mit Zielen angeschlagen, aber Velbert? Fehlanzeige. Auf unser Befragen hin nannten uns wartende Menschen zwei Buslinien, 647 und 649, die aber beide am Wall abfahren, nicht hier. Wir also flugs zum Wall gerollt, wo ebenso viele Menschen an ebenso vielen Haltestellen warteten. Der Bus der Linie 649 stand dort - mit der Aufschrift "Kein Einstieg". Irgendwann fuhr er dann ab, ohne jemand mitzunehmen. Eine nette junge Frau bekam unsere Unterhaltung mit und sagte uns, dass die 647 an der Morianstraße abfährt. Diesmal befragte ich vorsichtshalber meine neue App, und die sagte mir jetzt: Morianstraße Linie 649. Wir also zurück zur Morianstraße, und tatsächlich, ganz am Ende an der ersten der Haltestellen stand ein Schild "649 - Velbert". Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen. Die 15 Kilometer Luftlinie schaffte unser Bus in einer knappen Stunde.

Bei der Ankunft am Willy-Brandt-Platz standen wir im dichten Nebel. Ria hatte geschrieben, dass wir uns in Richtung der Heidestraße auf den Funkturm zubewegen sollen, sie käme uns entgegen. Wenn man im Nebel mit Mühe und Not die andere Straßenseite sehen kann, fällt es schwer, einen weiter weg liegenden Funkturm zu finden. Man hatte es den Dortmundern nachgemacht und vorsichtshalber keine Straßenschilder an der großen Kreuzung angebracht. Also bemühte ich mein Smartphone und Google Maps, so erfuhr ich, dass die Heidestraße in Richtung der Rheinlandstraße liegt, und dann entdeckten wir tatsächlich dieses eine Schild "Rheinlandstraße" und marschierten in diese Richtung. Der Rollkoffer rollte mir immer häufiger in die Hacken, ich war kurz davor, ihn zu töten, als ich erkannte, dass die Namen der Seitenstraße nicht die waren, die sie sein sollten, wenn wir auf der richtigen Strecke wären. Als dann die Straße plötzlich Langenberger Straße hieß, war klar, dass wir genau in die falsche Richtung gelaufen waren. Also kehrt marsch, im kalten, diesigen Nieselregen wieder zurück. Ria war uns mittlerweile nicht nur entgegen, sondern an der Kreuzung mit der Haltestelle angekommen.
Und ab da wurde alles gut. Schnell mit ihr zur Wohnung, am Funkturm vorbei, der auch aus nächster Nähe kaum zu erkennen war. Pascal begrüßte uns an der Tür, wir setzen uns in die warme Küche, tranken Kaffee, genossen selbst gebackenes Dinkelbrot, und hatten uns viel zu erzählen. Als dann noch Lena mit der kleinen Josie dazu kam, war es wie ankommen in der Familie. Schön.

Drei Kultige vor dem Kaffee

Später kam Wolfgang von der Arbeit und fuhr mit uns nach Heiligenhaus, wo wir unbedingt das Kult Kaffee im um-gebauten alten Bahnhof besuchen wollten. Mit einem exzellenten Café latte und einem Sylter Kirschkuchen hatte ich genau die richtige Wahl getroffen. Diese Lokalität kann ich auch empfehlen. Es ist eine Kaffeerösterei mit eigenem Ausschank, diverse duftende Sorten kann man hier trinken und als Bohnen mit nach Hause nehmen.

Im Innern des Kults

Nach dieser Stärkung brachte uns Wolfgang sicher und schnell nach Wuppertal-Elberfeld zum Hauptbahnhof zurück, wo uns ein schicker neuer ICE mit reservierten Plätzen direkt mit nach Hause nahm. Auch, wenn es viel zu schnell zu Ende war, war dieses Wochenende eine sehr schöne Auszeit mit vielen lieben Menschen. Ich hab mir fest vorgenommen, ähnliches zu wiederholen.


18 Dezember 2017

Schönes Leben in der verbotenen Stadt

Heute begleitete mich Mike T-Bone bei meinem zweiten Ausflug in die verbotene Stadt. Da VRR und DB nur Routenvorschläge mit mindestens vier Umstiegen ausspuckten, suchte ich mir den Weg von Oberbarmen zur Möllerbrücke mit einem Umstieg in Unna selbst aus den Internet-Fahrplänen raus.
Meine liebe Kollegin Riccarda empfing uns mit Gebäck und offenen Armen in ihrer Wohnung im Kreuzviertel. Natürlich hatten wir uns auch viel zu erzählen, aber erstmal unternahmen wir was gegen den Hunger. Wir machten lecker Station im Schönes Leben, der große Salat mit Falafel und Feigendressing war sehr lecker und machte pappsatt.

Ricky, Micky und das schönes Leben

Danach der weitere Rundgang per pedes durchs Viertel. Klar, ich musste schon auf der Hut sein, um nicht bei hier und dort drappierten schwatz-gelben Fahnen und Wimpel versehentlich hin zu schauen und auf der Stelle zu erblinden. Aber ansonsten muss ich zugeben: Das Viertel hat was!

Zwei Bioläden in direkter Umgebung, tatsächlich konnte ich eine Feigensenfsauce für unser Jahresabschluss- und Verabschiedungsfrühstücksmeeting übermorgen ergattern. Zurück in der Wohnung kosteten wir das leckere selbstgebackene Früchtebrot und machten uns nach wirklich tollen Fotos aus La Palma und ganz viel Kaffeeklön wieder auf den Weg zurück an die Wupper. Es sind einfach schöne Tage hier, an denen ich mich täglich erfreue, mit lieben, netten Menschen und interessanten Begegnungen. Genau das, was mir derzeit gut tut.

17 Dezember 2017

Von Utopien bis zu Hans im Glück

Die Globetrotterin Fabienne ist nach Neuseeland, Tonga, Südafrika und Tansania glücklicherweise (für uns) an der Wupper angelangt. Das verschaffte uns nicht nur den Genuss eines leckeren gemeinsamen Frühstücks, sondern auch einen genussreichen schönen Tag mit der Begehung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten.

Trio Utopio

Nach dem Frühstück schwebten und fuhren wir zur Utopiastadt am Mirker Bahnhof. Wir schlürften einen Latte in den Sesseln auf der Bühne, die noch vor einigen Monaten (ich berichtete) der legendäre John Bramwell (Ex-"I am Kloot") für seinen Auftritt benutzte. Und es war auch heute wie im Sommer. Gemütliche Atmosphäre, nettes Personal, interessante Räumlichkeiten.

Auf der Terrasse schauten wir uns die Nordbahntrasse an, die direkt hinter dem Haus herführt. Im Sommer ist hier der Teufel los, wenn Radfahrer, Skater, Jogger und Spaziergänger gastronomische Station machen. Heute war's echt sehr ruhig - und sehr kalt.
Nach der Rückfahrt nach Elberfeld führte uns Fabi durch das Luisenviertel, bis wir bei Hans im Glück einkehrten. Obwohl ich nur kleinen Hunger auf einen Salat hatte, war ich von dem großen Teller überrascht und muss sagen: Das war klasse! Unsere Bestellung lautete "Abendbrot, Trumpfblatt und Goldkehlchen", und alles war super lecker und ausreichend, die selbstgemachten Holunder-Minze bzw. Orange-Basilikum-Limonaden waren ein Gedicht.

Als wir danach von der Ohligsmühle in Richtung Barmen schwebten, fuhren wir sogar bis zur Endstation Oberbarmen, um einmal zu sehen, wie so eine Schwebebahn am Ende dreht. Sie fährt tatsächlich in einen kleinen überdachten Halbkreis kurz hinter dem Bahnhof und kommt auf der anderen Seite zurück. Von der Werther Brücke aus durchquerten wir die ganze Werth, die Einkaufsstraße Barmens, wo ich natürlich dem Singen auf dem Weihnachtsmarkt nicht widerstehen konnte.

Oldbearbone ft. Santa

Danach waren wir auch froh, als wir glücklich Fabis WG erreichten, um uns beim Kaffee aufzuwärmen. Eine Stunde später dann der Heimweg ins Hotel, und wir sind alle ganz schön platt nach einem interessanten, genussreichen, schönen Tag. Nun gilt es, beim Finale von The Voice of Germany bis zum Ende die Augen offen zu halten.

16 Dezember 2017

Weltraumschrott in Kirchlinde

Mit einem schönen Frühstück unter netten Leuten beginnt man den Tag am besten. So auch heute morgen in unserem schnuckeligen Hotel. Alles reichlich, nettes Personal, leckerer Kaffee. Derart gut gestärkt und gelaunt machte ich mich auf den Weg in die verbotene schwatz-gelbe Stadt.

Bahnhof Königswall Treppen

Nahe an dem dortigen Hauptbahnhof sollte die Bushaltestelle der 460 sein. Am Königswall. Direkt gegenüber vom Bahnhof führte eine große breite Treppe den Wall hinauf. Das konnte nur der Königswall sein.
Also zackig über die Straße und viele Stufen hoch. Oben empfing mich viel Platz, auf dem ein paar Weihnachtsmarktbuden verteilt waren. Alles, aber keine Bushaltestelle.
Der erste, den ich anquatschte, war ein Norweger, der mir in Englisch erklärte, dass er nur die U-Bahn-Haltestelle kenne, straight ahead and then turn left, you'll see it. Maybe there's a bus stop too. "Maybeee" sang schon der Mann in den Bergen. Maybe, war aber nicht.
Ein paar jüngere Damen hatten leider auch nur Vermutungen für mich übrig. "Ja, die U-Bahn ist irgendwo da vorne, aber ein Bus? Wo wollen sie denn hin? Kirchlinde?? Geht das nicht mir der U-Bahn???"

Aber dann, ein Päärchen meines Alters mit Enkel an der Hand.
"Jaaa, wir sind von hier. Was suchen sie denn?"
"Die Bushaltestelle Linie 460."
"Wohin soll die denn gehen?"
"Nach Kirchlinde."
"Kirchlinde? Mittem Bus? Nehmen sie doch die U-Bahn da vorne!"
"Kirchlinde hat doch keine U-Bahn!"
"Nich? Ja dann wissen wir leider auch nich."

Nach einer Runde durch die halbe Dortmunder Innenstadt kam ich parallel zum Treppenwall wieder zurück vor den Bahnhof. Oh, das erste Straßenschild, das ich in Dortmund sehe, verkündete, dass diese breite Straße vor dem Bahnhof der Königswall ist. Zwanzig Meter weiter rechts die Bushaltestelle 460. Leider in die verkehrte Richtung. Blick auf die andere Straßenseite: Fehlanzeige.
Noch ein letzter Versuch, von zwei jungen Frauen, die am Auto stehen, die Position der Bushaltestelle zu erpressen.

"Ja, die ist doch schräg da drüben vor dem Bahnhof!"
Mein Gott, es gibt also doch noch Gerechtigkeit. Zur Belohnung für meinen großzügigen Spaziergang durfte ich wieder fast zum Ausgangspunkt zurück gehen und feststellen, dass ich zwanzig Meter daneben bei meiner Ankunft aus dem Bahnhof spaziert bin. Aber ich wurde reichlich belohnt. Ein abgerissenes Päärchen mit offenen Bierflaschen diskutierte an der Haltestelle lautstark aus, warum Jessy denn verreckt ist, obwohl der männliche Teil des Duos immer Kohle hatte und ihr jahrelang die harten Drogen finanziert hat. Natürlich braucht er sich keinen Vorwurf zu machen, sacht sie, denn er hat auch immer Kohle genug gehabt, alles Andere zu finanzieren, aber sie wollte datt ja nich, woll?!
In Kirchlinde hatte ich das Vergnügen, den talentierten Fotografen Jalou endlich mal länger live kennen zu lernen, bei Kaffee und Butterstreusel. Ein sehr sympathischer Mensch mit vielen Begabungen, den ich für das, was er macht, ehrlich bewundere.

rostfreie alte Liebe vor Weltraumschrott

Anschließend chauffierte er mich auch noch zu meiner alten Freundin Elke, die ich schon jahrelang nicht mehr gesehen hatte. Ja, in der Tat ist es schon mehr als fünf Jahre her, dass ich mit Fabi zusammen ihre Ausstellung in Hattingen besuchte.

Seitdem ist bei uns beiden viel passiert und so war die Zeit eigentlich viel zu kurz, um alles Neue zu erzählen und viele alte Erinnerungen und Fotos wieder raus zu kramen. Der Besuch in Heidelberg, 1986. Mein Gott, ist das schon so lang her?!

Sie malt immer noch tolle Bilder, das mit dem Weltraumschrott nahmen wir als Hintergrund für unser Selfie. Dass sie mir ein Wunschbild schenken möchte, berührt mich sehr und ich bin auch total gespannt, wie das "Kreativbild" am Ende aussehen wird. Es wird auf jeden Fall wieder ein Anlass für meinen nächsten Besuch sein.
Gegen sechs machte ich mich auf den Rückweg mit Bus und Bahn. Alle Übergänge funktionierten einwandfrei. Ich glaube, dass ist das Ergebnis jahrelanger Selbstdisziplinierung. Seitdem klar ist, dass ich über Verspätungen, fehlende Wagen und ähnlichen Mumpitz nur noch schmunzeln kann, ist die Anzahl der bahnverschuldeten Malheure um gefühlte 90% zurück gegangen.
Es gelang mir übrigens, den ganzen Tag über alle ungesunden Farbkombinationen in der verbotenen Stadt galant zu ignorieren, meine Augen haben keinen Schaden erlitten.
In der Schwebebahnstation Döppersberg ergatterte ich noch schnell ein Spezial-Dürüm zum Mitnehmen, dass ich ne Viertelstunde später im Hotelzimmer mit Heißhunger verdrückte. Und nun, müd, satt, glücklich, werd ich noch das aktuelle Sportstudio vom Bett aus verfolgen, solange die Augen offen bleiben.



15 Dezember 2017

"also" ruft die Wupper!

Nach einer glücklicherweise beendeten Arbeitswoche mit viel zu viel Nebenbeigedöhns und Brotlosekunstgeschwurbel saß der alte Bärenknochen heute nachmittag glücklich und erholungsreif mit seinem Oldschoolbuddy Mike T-Bone im pünktlichen(!) IC der Deutsche Bahn heading for Wuppertal. Sogar der Umstieg in Köln fand ohne spontanen Gleiswechsel, Verspätung oder sonstigem Malheur statt, für das die Deutsche Bahn mittlerweile Gewohnheitsrecht geltend machen kann.


Als wir ab dem Wuppertaler Hauptbahnhof die letzten Kilometer weiter schwebten, führte uns ein netter, kommunikationsfreudiger Wuppertaler mit seinem alten lieben Schoßhündchen (1,60m, 80 kg) hilfreich bis zum also-Hotel an der Haardt. Das war echt rührend, auch wenn nicht genau auszumachen war, ob der Hund oder das Herrchen transpirierten wie ein toter Büffel.
Das Hotel war schon beim Empfang so, wie ich es in Erinnerung hatte: Schlicht, sauber, nette hilfsbereite Menschen, sehr sympathisch. Kleine Zimmer mit Dusche, WC und WLAN, alles picobello sauber. Und bezahlbar. Ein super soziales Konzept, schaut es Euch selbst an. Es überraschte mich nicht, dass hier mittlerweile sehr viele Bands und Musiker campieren, wenn sie in der Nähe spielen, so eine schöne interessante Atmosphäre spricht sich rum.

Satt und zufrieden

Nach Check-In und kurzer Pause war ein längerer Abendspaziergang durch Barmen genau das Richtige. Wir landeten am Ende tatsächlich beim famosen "La Mamma" in der Friedrich-Engels-Allee. Auch hier, wie im ganzen Viertel, alles einfach, sauber gut. Die Penne mit Garnelen, Knoblauch und Rucola waren ein Gedicht, die Pizza Tonno sehr gut und riesig, die beiden italienischen Espresso heiß, schwarz, stark. Gut, dass der Weg ins Hotel zurück nicht mehr weit war. Die Horizontale zieht mich bereits mächtig an.

24 November 2017

Zeitreise ins Mittelalter

Historisches im Historischen war das Motto des heutigen Abends. Im historischen Rathaus zu Andernach hatten die Kollegen vom Kulturamt und der Stadtbücherei zu einem außergewöhnlichen Leseabend geladen.
Fabienne war heute aus Wuppertal angereist, ich konnte sie am Bahnhof in -Empfang nehmen. Mittlerweile ist es schon eine feste Tradition, dass wir dieses Event gemeinsam erleben - wenn sie nicht grad in Neuseeland, Südafrika oder sonstwo in der Welt weilt. Heute Abend waren erfreulicherweise auch Goddy und Margherita mit dabei.
Wir hatten unsere V.I.P.-Plätze in der ersten Reihe eingenommen, als Andreas Schulte kurz nach 19 Uhr im historischen Kostüm die Veranstaltung anmoderierte. Der große Saal war sehr gut gefüllt. Die Bühne war dieses Mal zur Kramgasse hin aufgebaut, was meines Erachtens eine spürbar verbesserte Akustik zur Folge hatte. Trotz dauerfiepsendem Tinnitus und weiter anhaltenden Problemen mit Gehör und Hörgeräten konnte ich fast alles verstehen, was den Genusslevel einer solchen Veranstaltung natürlich deutlich erhöht.
Als erstes wurde Tilman Röhrig angesagt, der seit vielen Jahrzehnten über viele Themen schreibt, aktuell gerade wieder einen historischen Roman die Flügel der Freiheit über Luther, Müntzer, Cranach und andere historische Menschen im frühen 16. Jahrhundert. Er schaffte es mit seiner Art des Vortragens, die Atmosphäre dieser Zeit gut zu vermitteln.
Anschließend lud uns Andreas Schulte zu einem Ausflug in die frische Andernacher Abendluft, wo wir mit Fackelführung zu historischen Orten im Schlosspark und danach hinter der Christuskirche seinen Kurzgeschichten lauschten, die auch mit viel Humor gewürzt waren. Andreas Schulte überzeugte gewohnt souverän mit guter lauter Stimme, so dass für mich auch draußen alles gut zu verstehen war.

Auf dem Rückweg ins Historische überraschten uns gepanzerte Schildwachen auf der Hochstraße, die dann vor dem historischen Rathaus spannende Schwertkämpfe zeigten.
Schildwache
Beim Schwertkampf geht's zur Sache














Im Anschluss konnten wir uns drinnen im Warmen mit leckerer Suppe und Käseplatte sowie mit kalten und warmen Getränken stärken, bevor es in die letzte Runde ging. Vom Büchertisch, der von der Anker-Buchhandlung gestellt wurde, machten einige Besucher Gebrauch und nutzten die Gelegenheit, die erworbenen Romane von den Autoren signieren zu lassen.

Petra Schier las aus ihrem Roman Das Gold des Lombarden und erklärte dazu auch viele historische Hintergründe zur Stadt Köln im Jahr 1423. Der Stoff des Romans ist wirklich spannend. Die sympathische Eifelanerin hatte es am jedoch am schwersten, nicht nur, weil ihre Vorlesestimme nicht so gut war wie die der beiden anderen Autoren, sondern weil sich nun auch die Länge der Veranstaltung und die Nachwirkungen des Spaziergangs in frischer Luft und des anschließenden Essens im warmen Saal bemerkbar machten.
Petra Schier und Andreas Schulte
Die Konzentration lässt bei den Zuhörern irgendwann nach. Und wenn dazu die erste Hälfte des Vortrags andauernd vom Gemurmel und Lachen eines offensichtlich angetrunkenen Zeitgenossen gestört wird, tut das ein Übriges dazu. Nachdem ihm der Bibliotheksleiter in einer Lesepause verbal die gelbe Karte gezeigt hatte, komplementierten wir den Herrn schließlich nach seinem übernächsten Vergehen höflich, aber bestimmt hinaus. Er hatte offensichtlich nur ein warmes Plätzchen zum Verweilen gesucht. Das hätte ihm auch niemand verwehrt, wenn er nur die Klappe gehalten hätte.

Gegen elf Uhr endete ein schöner und interessanter Abend, wie ich ihn in dieser Form auch noch nicht erlebt habe. Ein dickes Lob an die KollegInnen von Kulturamt und Bücherei, die das organisiert haben!

23 November 2017

Starker Mensch mit beeindruckenden Farben

Der Pfarrsaal am Mariendom hatte am Mittwoch Abend etwas Besonderes zu bieten. Ich bin meiner Mitschreiberin und Malerin Carmen Rakemann dankbar, dass sie uns morgens diesen Hinweis in die WhatsApp-Gruppe schickte. Die Andernacher Malerin Rita Krupp hatte eingeladen, um uns über ihr Leben zu erzählen und ihre Bilder zu präsentieren. Das Ganze musikalisch untermalt und lukullisch unterlegt mit Snacks und Erfrischungen.

Rita Krupp

Beim Suchen der Örtlichkeit (Pfarrsaal, nicht Pfarrheim!) traf ich vor dem Mariendom auf unsere Dozentin, die Autorin Gabriele Keiser, die ebenfalls vor dem Pfarrheim gestanden hatte. Carmen war bereits im Saal, sie hatte ihrer Freundin Rita schon beim Aufbau geholfen. Wir drei nahmen die Logenplätze in der ersten Reihe ein und waren sehr gespannt.

Zu Beginn erfuhren wir von Rita Krupp einiges aus ihrem Leben, dem es an Schicksalsschlägen nicht mangelte. Die Offenheit, mit der sie über all diese Dinge sprach, imponierte nicht nur mir, sondern auch den meisten Besuchern im gut gefüllten Saal. Es war teilweise mucksmäuschenstill, so berührte uns ihre Geschichte.

Frida Alfredson

In den Pausen unterhielt uns das Duo mit dem seltsamen Namen Frida Alfredson. Mir gefiel besonders der schöne Kontrast zwischen der ruhigeren Art des Gitarristen Ulli Herschbach und der markanten und emotionalen Stimme der Sängerin Annette Bersch.

Aber zurück zu Rita Krupp. An der Art und Weise ihres Vortrags, vor allem durch ihre selbstverständlich wirkende Offenheit, mit der sie über eine amputierte Hand und über Brustkrebs sprach, war deutlich zu spüren, dass sie ein besonderer Mensch ist. Eine solche Ausstrahlung kann man nicht "vorspielen", das ist authentisch. Die Kraft, die sie aus den gemeisterten Krisen ihres Lebens gezogen hat, kann ich persönlich ein Stück nachspüren.

Eine kleine Bildauswahl

Es war ein langer Weg, der sie letztendlich zum Malen brachte, und ich war erstaunt, dass sie dieses Talent erst vor einigen Jahren entdeckt hat. Ich kann das als völliger Kunstlaie überhaupt nicht fachlich-sachlich beurteilen, aber darum geht's auch gar nicht. Viele Farben, die sie in ihren Bildern verwendet, sind weder grell noch knallig, aber sie finden direkt den Weg in mein Inneres, als ob die Frequenz dieser Farben meine Pupillen weiten würde.

Es ergaben sich im Anschluss beim Betrachten der Bilder und beim Snack einige Gelegenheiten zum Plausch mit anderen Besuchern. Ein gelungener Abend, der mich mit einem warmen Gefühl im Herzen nach Hause fahren ließ.

Ein gut besuchter Abend

19 November 2017

Von der Bahn bis zum Retro-Skat

Die Eigendynamik eines falschen Freitags ließ sich gestern vorgestern exzellent beobachten.
Die Bahn begann morgens mit mäßiger Verspätung meines Regionalzugs ins Löhr-Center, denn man ließ vorher noch 2 Riesengüterzüge vor meiner Nase derart laut und schweineschnell durch den Bahnhof brettern, dass mein innerer Stresslevel sofort in ungesunde Höhen katapultiert wurde. Mir bleibt bei solchen Manövern sprichwörtlich die Luft weg.

Das macht Stress!

Damit war ich auf den Tag vorbereitet.
Der HNO-Besuch im Löhr-Center endete mit der Vereinbarung eines MRT-Termins für nächsten Mittwoch. Anschließend suchte ich im Haus den Shop eines großen Mobilfunkproviders auf, um ein defektes Smartphone einer lieben Freundin zu reklamieren. Garantiefall. In dem zwei mal drei Meter großen Lädchen stand ein älteres sportliches Päärchen an der Verkaufstheke und wurde von einem jungen Mann zu Fragen des Vertrags, des Empfangs und einiger anderer mobilfunkrelevanter Themen sehr entspannt beraten. Ich blieb im maximalen Abstand und in Sichtweite stehen, wollte das Gespräch nicht stören, mich aber gleichwohl bemerkbar machen. Hallo, hier ist noch ein Kunde, der wartet. Die beiden älteren Herrschaften drehten sich auch ab und an in meine Richtung und warfen mir freundliche Blicke zu. Nicht, dass einer der beiden auf die Idee gekommen wäre, mich heran zu winken, so weit ging die Freundlichkeit natürlich nicht.

Aufgrund des geringen räumlichen Abstands bekam ich zwangsläufig einige Gesprächsfetzen mit, so war man ca. zehn Minuten später bei der Effizienz von Heizsystemen angekommen, dann bei Erlebnissen im Freizeitpark und der Krankheit der alten Katze. Schön, dass sich ein junger Mann Zeit nimmt, gelassenen Smalltalk mit älteren Herrschaften zu treiben, ohne seinen Blick auch nur einmal in Richtung seines Verkaufspalastes zu bewegen. Geschäft ist ja nicht alles. Ich nutzte die Zeit, mir alle überteuerten Smartphone-Modelle in der Auslage mehrfach zu bestaunen. Als man thematisch bei der Planung der nächsten Urlaube angekommen war (wer weiß, wie viele Urlaube die beiden noch genießen dürfen? Sie waren in meinem Alter!), durchquerte ich langsam die gesamte Verkaufsfläche, um die Auslage am anderen Ende zu bestaunen. Beide registrierten meinen Durchmarsch mit einem freundlichen Nicken und wandten sich wieder dem Berater zu.

Nachdem ich auch die zweite Auslage ausgiebig studiert hatte, ging ich zwei Schritte aus dem Laden raus in die Einkaufsmall, d.h. ich wollte rausgehen, stolperte aber anderthalb schwarz-gelb markierte Stufen runter, die ich glatt übersehen hatte und brach mir dabei fast das Genick. Fünf Minuten später hatte ich mich wieder einigermaßen erholt, die drei Helden waren beim Erörtern der weltpolitischen Lage angekommen. Es ging langsam auf zwölf Uhr mittags zu, als ich mich dann doch näher ans Geschehen schob und den Dreien etwas auf die Pelle rückte, damit ich nicht mit dem Nachtzug zurückfahren musste. Irgendwann stieß sie ihn in die Seite, deutet mit dem Kinn ganz unauffällig in meine Richtung und er brach die nette Plauderei ab, kurz bevor man bei der galaktischen Sicherheitslage und den bemannten Flügen zum Neptun angekommen war.

Nun, endlich stand ich vor dem sympathischen jungen Mann, der sich so viel Zeit für seine Kunden nimmt. Offenbar jedoch nicht für alle Kunden. Wenn einer ein Schild mit der Aufschrift "Ich habe nur eine kleine Reklamation!" vor seiner Stirn trägt, dann ist alles anders. Ohne den Kopf eine Sekunde lang zu heben fing er an, sich auf einem DIN A4-Blatt Notizen zu machen. Viele Notizen. Vielleicht versuchte er, das ganze halbstündige Gespräch aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren.
Vielleicht ist er ja blind, dachte ich. Und sieht mich gar nicht. Nachdem ich mich räusperte und "Hallo!" sagte, würdigte er mich keines Blickes und schrieb weiter an seinen Memoiren. So langsam begann ich zu verstehen, warum im direkten Umfeld kein Waffengeschäft zu finden ist.

Ich dachte mir, es ist besser, ich bringe einfach mein Anliegen vor, ob er nun zuhört oder nicht. Gesagt, getan. Und siehe da, er war gar nicht blind. Er schaute mir direkt in die Augen und erklärte mir, dass müsse ich beim Mobilfunkprovider klären. Ich deutete auf das Schild genau dieses Providers, das überlebensgroß an seinem Drecksladen hing. Woraufhin er mir erklärte, das Schild hinge zwar da, aber er sei das doch nicht wirklich.

Und weil mir alles, was ich jetzt wirklich wollte, mindestens einen Prozess wegen Beleidigung, Körperverletzung und Nötigung gebracht hätte, entschied ich mich lieber, diese Hobbyisten-Kaschemme sofort zu verlassen und zwei Ecken weiter den RICHTIGEN Providershop aufzusuchen. Hier wurde ich freundlich empfangen und die Reklamation wurde anstandslos entgegengenommen. Klar, dass an solchen Tagen kein Ersatzgerät mehr auf Lager ist. Man schickt das defekte Gerät ein und spätestens am Dienstag ist das Austauschgerät bei der Freundin daheim. Mit der Post.

"Die liegt aber im Krankenhaus. Kann man das auch dahin schicken?"
"Geht leider nicht."
"Ok, dann bitte Nachricht an mich, wenn es rausgeht."
 "Nein, die Benachrichtigungs-SMS geht direkt an die Mobilfunknummer der Freundin."
"Die hat aber kein Handy! Das hab ich Euch grad gegeben. Das ist kaputt!"
"Das ist aber jetzt blöd."
"Stimmt!"

Ok, an einem solchen Tag geht das wohl nicht anders. Freitag der sechzehnte? Weiß der Geier. Aber ich weiß, was ich zu tun habe. Zurückfahren. Runterfahren. Einen leckeren toten Fisch bei Kerstin genießen, in netter Gesellschaft. Heimfahren. Augenpflege machen.

Still crazy - after all these years

Abends ist Retro-Skat bei den alten Herren angesagt. Müßig zu sagen, dass der Skatabend mir fünf Runden lang verheerende Blätter brachte. Immerhin konnte ich einiges dazu lernen. Wenn Tom oder Arno das Spiel kriegen, liegen zwei passende Karten im Stock. Wenn ich höher reize, werden diese irgendwie so blitzschnell ausgetauscht, dass ich das nicht mitkriege und immer - IMMER! - zwei Dreckskarten drinliegen. Wie das funktioniert, ist  mir völlig schleierhaft. Wer dahintersteckt, ebenso, das Universum, Murphy oder das fliegende Spaghettimonster. Aber was es mir sagen will, wurde mir wieder sehr klar:
Ed kütt, wie ed kütt. Versuch es nicht mit Gewalt zu drehen, sondern mach das Beste draus. Und das ist mir mit nur zwei verlorenen Runden gut gelungen.

12 November 2017

Die Bahn und die Achtsamkeit

Die Zusammenhänge sind nicht immer auf den ersten Blick zu sehen. Bei meinem reichhaltigen Erfahrungsschatz mit der Firma DEUTSCHE BAHN hätte ich es allerdings ahnen können.
Ich hatte mir am Freitagmorgen vorsichtshalber nur das Ticket bis zum Löhr-Center gelöst. Denn durchlösen bis Moselweiß, am Löhr-Center aussteigen, vielleicht anderthalb Stunden beim HNO verbringen und dann mit dem gleichen Ticket nach Moselweiß zur Pizzeria weiterfahren, das konnte ja nicht richtig sein. Garantiert hätte mir auf der Weiterfahrt nach Moselweiß ein Schaffner aufgelauert und mich beim Anblick meines Tickets mitleidsvoll angelächelt. "Glauben sie, mit einem Einzelfahrschein kann man den ganzen Tag durch die Stadt fahren?!" hätte er mich gefragt und ich hätte fuffzig Euro fürs Schwarzfahren löhnen müssen. Oder so.

Ok, erstmal nur bis Löhr-Center gelöst, Abfahrt. Als ich auf der Fahrt dorthin die freundliche Schaffnerin fragte, wie lange man denn grundsätzlich mit einem Einzelfahrschein Pause einlegen könnte, erklärte sie mir natürlich, drei Stunden könne man pausieren. Tja, wie man's macht....
So musste ich mir dann mittags ein weiteres Ticket kaufen, um zur Pizzeria zu gelangen, wo ich mit Petra zum Mittagessen verabredet war.

Als Petra mich nachmittags am Hauptbahnhof absetzte, stand tatsächlich die Regionalbahn für die Rückfahrt bereits abfahrbereit auf dem Gleis. Das hätte mich stutzig machen sollen. Tat es aber nicht. Alles lief planmäßig und wie geschmiert. Jedenfalls bis Lützel. Die Ansage verkündete den nächsten Halt in Urmitz/Rheinbrücke. Mir kamen die ersten Zweifel. Da hält die doch sonst nie. Häää?! Beim weiteren Streckenverlauf über den Rhein nach Engers wurde es mir klar. Die haben mich wieder reingelegt. Einen Moment ist man mal unachtsam - Zack, steht der falsche Zug auf dem Gleis. Naja, für Fehler bezahlt man halt. Weiter in Richtung Neuwied unterwegs kamen mir Zweifel, wie ich das dem Schaffner erklären sollte, der unzweifelhaft gleich aufkreuzen würde. "Ich hab die falsche Fahrkarte, weil ich aus Versehen in den falschen Zug gestiegen bin!"? Ich hörte den Schaffner in Gedanken schon lachen. "Jaja, falscher Zug. Tolle Erklärung!". Oh Mann!

Als ich das Ticket aus der Brusttasche holen wollte, wurde mir dann heiß: Falsche Fahrkarte? Welche Fahrkarte?? Ich hatte am Bahnhof auf den Abfahrtsplan geschaut, war sofort zum Gleis 3 gesprintet, eingestiegen und losgefahren. Ach du Scheiße! Das glaubt Dir ja gar keiner mehr. Die folgenden 8 Minuten bis Neuwied Bahnhof dehnten sich zu Stunden. Obwohl es im Zug recht kalt war, wurde mir heiß. Der Controletti würde einen Blick ins Abteil werfen und sofort sehen: Der Typ mit der roten Birne und dem verbissenen Grinsen fährt schwarz! Und ich weiß bis heute nicht, welcher glücklichen Fügung ich es zu verdanken habe, dass diesmal keine Kontrolle kam.

In Neuwied konnte ich dann erstmal aussteigen und aufatmen. Der Fahrkartenautomat zeigte mir an, dass ich zwanzig Minuten später mit dem Bus direkt nach Andernach fahren kann. Nochmal aufatmen. Eigenartig war nur, dass im Display stand: "Bitte wählen sie die gewünschte Fahrt aus" und drei Fahrten angezeigt wurden, aber nur hinter der anderthalbstündigen Bahnfahrt mit zweimal umsteigen ein Button [Auswählen] zu finden war. Die Zeile mit der schnellen Busfahrt ließ sich nicht auswählen. Es war gut, dass ich keinen Hammer im Rucksack hatte, denn ich glaube, DAMIT HÄTTE ich auf dem Touchscreen die gewünschte Fahrt ausgewählt. Also rein in den Bahnhof, und tatsächlich gab es dort einen besetzten Infoschalter der Verkehrsbetriebe. Vor mir drei junge Menschen, die versuchten, dort ein Ticket nach Würzburg für einen vierten jungen Mann zu ergattern, welcher der deutschen Sprache nicht mächtig war. An sich nicht schlimm. Außer man steht dahinter und weiß, dass der Bus in einer Viertelstunde abfährt. Nachdem die drei mit dem vierten ausgiebig über die Abfahrtszeit (morgen oder doch lieber am Sonntag?) und den Abfahrtsbahnhof (Neuwied, oder sollen wir Dich nicht doch besser nach Koblenz bringen?) und alle sich daraus ergebenden Kombinationen diskutiert hatten, kauften sie dann endlich ein Ticket, bevor ich anfing, Tierlaute von mir zu geben.

Leider stellte sich heraus, dass ich die benötigte Busfahrkarte auch nicht bei dem freundlichen Info-Menschen erwerben konnte, sondern ausschließlich beim Busfahrer.
Spätestens jetzt wird dem geneigten Leser vor Augen geführt, dass eine solche Eigendynamik, so sie einmal begonnen hat, nicht mehr zu stoppen ist. Sie verknüpft viele kleine Ereignisse derart kausal miteinander, dass man schon sehr achtsam sein muss, um überhaupt noch einen Ausweg zu finden, bevor das Ganze in einem kompletten Fiasko endet und sich am Ende die Kontinentalplatten verschieben. Und genau das fiel mir in diesem Moment ein. Achtsam sein. Tief durchatmen. Nachdenken.

So überlegte ich draußen an der Bushaltestelle, was denn als nächstes Malheur auf mich warten könnte. Einer diffusen Ahnung folgend öffnete ich mein Portemonnaie - und sah, dass ich mein Kleingeld in der Pizzeria komplett fürs Trinkgeld geopfert hatte. Nur ein einsamer Fuffi steckte noch im Notenfach. Das war's! Der Busfahrer würde nicht wechseln können und ich hätte anschließend genügend Zeit zum Geldwechseln, denn der nächste Bus nach Andernach fuhr erst in einer Stunde.

Ich also mit eiligen Schritten zum Bahnhofskiosk, die Betreiberin war natürlich begeistert, als sie mir für einen Riegel "Wunderbar" ihr komplettes Wechselgeld rausgeben musste. Tja, mich fragt auch keiner. Ein Blick auf mein Handy zeigte mir, dass sich der Akku bedrohlich der Null näherte. Soso, das war also der Plan. Aber nicht mit mir.

Ich war rechtzeitig wieder an der Haltestelle. Als der Bus nach fünf Minuten Verspätung immer noch nicht da war, dachte ich kurz, der Bahn-Murphy hätte umdisponiert und der Bus würde unterwegs einen Motorschaden vortäuschen, aber zwei Minuten später kam er tatsächlich und brachte mich sicher nach Hause. Der Herr vor mir bezahlte übrigens mit einem Zwanziger und der Busfahrer musste ziemlich tricksen, um ihm rausgeben zu können. Zwei Euro in 20-Cent-Stücken oder so ähnlich.
An einem solchen von Murphy angebissenen Tag überrascht es auch nicht, dass ich beim abendlichen Skat gerade nochmal an einer verlorenen Runde vorbei kam. Den ganzen Abend nicht ein halbwegs vernünftiges Blatt. Ja, so hängen die Dinge nun mal zusammen. Sowas kann am Ende auch mal ganz anders ausgehen. Deshalb: Augen auf im Bahnverkehr!

04 November 2017

nachtdertechnik 2017

Um es vorweg zu nehmen: Auch in diesem Jahr war es wieder eine rundum tolle Veranstaltung im Kompetenzzentrum der Handwerkskammer Koblenz, die für jeden halbwegs technisch interessierten Menschen sehr viel interessante Vorträge bot. Wie immer war Fabi mit dabei, und auch mein Kumpel Mike T-Bone hatte sich angeschlossen. Als wir um 15:30 in der ersten SciFi-Lesung mit Livemusik saßen, gesellte sich erfreulicherweise auch noch Tanja hinzu. Gemeinsam lauschten wir den klassischen SciFi-Abenteuern der Terran Starfleet, vorgelesen vom Autor Volker Schmid. Der Clou war jedoch die musikalische Unterhaltung durch die Starfield Voyagers.
Richtig geile Space-Mucke, live vorgetragen!
Danach trennten sich unsere Wege. Fabi und Tanja ließen sich von Sandra Unruh (Uni Bonn) die dunkle Materie im Geschosshaufen kollidierender Galaxienhaufen erklären, während wir Kerle uns das IOT (Internet Of Things) erklären lassen wollten. Da hier nichts wirklich Neues dabei war und der Vortragende ständig das Mikro zu weit weg hielt, machten wir nach 20 Minuten die Biege und schlürften lieber einen Espresso. In der anschließenden Vorführung Bionic Learning Network fanden wir uns alle vier wieder zusammen. Jedoch war dies mehr eine Firmenpräsentation denn eine Bionik-Erklärung. Zudem suchte der Vortragende ständig seine Film-Dateien live im Explorer auf der Leinwand, das war so naja.
Danach wurde es richtig spannend. Prof. Dr. Skorupka von der Hochschule Fulda erläuterte vor ausverkauftem großem Saal auf sehr kurzweilige und amüsante Weise die Relativitätstheorie eines Herrn Einstein. Tanja hatte sich mittlerweile zum Quantencomputing verabschiedet, dass ich ebenso schweren Herzens fallen lassen musste wie die träumenden Roboter und Künstliche Intelligenz wird flügge. Zwischen 18:30 und 21:00 Uhr knubbelten sich zu viele interessante Vorträge. Man kann ja immer nur einen gleichzeitig besuchen.
So fiel auch Gott würfelt nicht ... aber er lässt abkupfern durch's Raster, weil wir um 21 Uhr unbedingt Dr. Hubert Zitt bei seinem Vortrag Künstliche Intelligenz und Science Fiction zuhören - und das war der absolute Burner. Wieder ein ausverkaufter großer Saal und reichlich Applaus am Ende.
Danach war eine Pause in der Mensa angesagt. Bei Kaffee und Latte Macchiato gönnten wir uns eine Auszeit und schöpften noch einmal Kraft und Aufnahmevermögen für den letzten Durchgang. Fabi strandete bei den Pottwalen, die beiden Herren unternahmen eine Mission zum Jupiter. Und hier empfing uns zu unserer Überraschung die eine Hälfte der Starfield Voyagers aka Dr. Christian Grützner mit einem sehr interessanten Vortrag.
Gegen halb zwölf gingen wir wieder zurück zum Auto, beseelt von einem richtig schönen Abend - so wie in jedem Jahr.

03 November 2017

Bahn voll im Plan? Sogar über Plan!

Mein gestriger Banktermin begann seltsam. Ich hatte im Hotel etwas länger gebraucht dadurch fuhr mir die S-Bahn vor der Nase weg, die nächste wurde mit Verspätung angekündigt. Und wenn es so beginnt, weiß man ja um die kausalen Zusammenhänge, die ein pünktliches Erscheinen dann völlig unmöglich machen, egal was man macht. Und so folgten dann verpasste Anschlussbahn, telefonisch nicht erreichbare Bank, falscher Ausgang am Ziel-S-Bahnhof, ein Smartphone-Navi, dass mich über viele kleine Fleetbrücken dreimal ums Viertel führte, bevor eine nette Passantin mir den Weg um die Ecke zeigte. Mit einer halben Stunde Verspätung stand ich dann in meiner Bank.
Und es wurde trotzdem alles gut. Ein super Beratungsgespräch in einem sehr entspannten Klima.
Am Ende des Tages stand der Besuch beim Griechen in St.Georg und die herzliche Verabschiedung von Maren.

Nach einem entspannten letzten Tag läuft unsere heutige Heimreise bisher überraschend planmäßig. Die S-Bahn fährt uns pünktlich zum Hauptbahnhof. Wir haben Zeit genug, um uns im Bahnhof mit Getränken und Reiseproviant zu versorgen. Der IC rollt planmäßig ein, die reservierten Plätze sind frei. Was will man mehr?
Mir gegenüber sitzt eine nette ältere Dame, die über's Handy mit ihrer Tochter wichtige Dinge bespricht.
Wenn nur nicht dieses komische Bauchgefühl wäre, irgendwas stimmt doch hier nicht.....
Gerade, als ich diese Zeilen schreibe, kommt die Durchsage: "Außerplanmäßiger Halt kurz vor Osnabrück zur Aufnahme von Reisenden." Den Namen des Bahnhofs hab ich bis heute noch nie gehört. Wer mag wohl hier gestrandet sein?

Aber die Fahrt geht unbeschadet weiter, wir haben zwischendurch auch mal zehn Minuten Verspätung, kommen aber letztendlich sogar zu früh in Koblenz an.
ZU FRÜH - DIE BAHN!
Die ältere Dame wird in Koblenz von ihrem kleinen Enkelchen und seiner Familie freudig in Empfang genommen und nach Hause gefahren. Sie hat wahrscheinlich auch ein paar interessante und schöne Tage irgendwo verbracht.
Es ist seltsam, sogar mein Anschlusszug nach Andernach kommt pünktlich, hat freie Plätze, in Andernach steht mein Auto noch unbeschädigt auf dem Bahnparkplatz, springt sofort an.
Was ist los? Ich bin ziemlich ratlos, ich gebe es zu. Vermutlich bin ich während des Hamburg-Aufenthalts durch ein Raum-Zeit-Loch gefallen und in einem Paralleluniversum gelandet, anders kann ich mir das alles nicht erklären. Vielleicht vorgestern abend, als dieser seltsame Alarm im Hotel uns alle auf die Straße trieb, in Hemd und Schlappen, mit dem Buch in der Hand. Als wir später nachfragten, was denn los gewesen sei, hatte ma uns erklärt, dass jemand zu heiß geduscht hätte und dies hätten den Hitzesensor der Brandmeldeanlage ausgelöst. Mal ehrlich, wegen einer zu heißen Dusche das ganze Hotel zu evakuieren, das klingt ja noch abgedrehter als alles andere.
Ja, ich denke, dabei wird es passiert sein. Ich tu einfach mal so, als sei alles wieder normal und werde zukünftig die DEUTSCHE BAHN noch etwas genauer beobachten.

01 November 2017

Flanéren in der Mönckeberg

Auf die heutige Begegnung mit Martina hatte ich mich sehr gefreut. Die Cousine meines alten Kumpels Arno, die es seit vielen Jahren nach Hamburg verschlagen hat, kannte ich bisher nur vom WhatsAppen und telefonieren. Und so kam es, wie es kommen musste, wenn sich zwei Menschen treffen, die einen Sinn für Familienforschung haben: Die Zeit verging wie im Flug, ich fand unsere Unterhaltung hochinteressant, wir landeten am Ende in der kleinen Patisserie flané im Levante-Haus, und verabschiedeten uns mit dem Vorhaben, auf jeden Fall in Kontakt zu bleiben.
Eine sehr nette neue Bekanntschaft.
In der Zwischenzeit hatten sich Maren und Petra schon auf den Weg ins Chile-Haus gemacht und ließen den gut gelaunten, älteren Herrn einfach am vereinbarten Treffpunkt Karstadt warten. Ich sag's ja.
Als die beiden nach Stunden dann endlich auftauchten, wurde es auch Zeit für eine kleine Mahlzeit beim Italiener am Ende der Spittaler Straße. Und dann, schwuppdiwupp, waren die beiden wieder in der U-Bahn verschwunden in Richtung Reeperbahn zum Schmidts Tivoli, denn ein Musical sollte es beim Hamburg-Besuch schon sein. Mir blieb nur der Rückweg ins Hotel, denn in meinem Alter darf man sich auch ab und an eine Auszeit gönnen.

Kleiner Nachtrag: Zum Abschluss gab es kurz nach halb neun noch einen schrillen Alarm im ganzen Hotel. In Schlappen und dünnem Hemd fünf Stock runtergestolpert und zehn Minuten draußen bei 9°C im Nieselregen verbracht, bis Feuerwehr und Polizei Entwarnung gaben. Sowas kann auch ganz anders ausgehen, Glück gehabt.

Den Dingen auf den Grund gehen

Eine kurze Buchbesprechung muss ich noch loswerden.
Anne von Canal hat mit ihrem Debutroman "Der Grund" ein bewegendes Werk geschaffen. Das Buch ist anspruchsvoll, man kann es nicht mal so nebenbei lesen. Ich musste immer wieder überprüfen, auf welcher Zeitebene die Handlung gerade spielt. Ja, ich habe eine Weile gebraucht, dieses Muster zu durchschauen. Aber genau das macht es auch hochinteressant.

Ohne jetzt allzu sehr zu spoilern, die Geschichte selbst ist gar nicht so schwierig. Sie ist aber so geschickt aufgebaut, dass sie jederzeit das Interesse daran wach hält, zu verstehen, was denn nun genau passiert ist. Sie beginnt mit dem Ende, ohne das einer bestimmten Zeit zuzuordnen. Dann wechselt sie erkennbar zwischen 2005, 1976, 1992 und nimmt in jedem Kapitel Bezug auf Vergangenes, in Form von Erinnerungen. Sie wechselt zwischen Ich-Erzählung (2005) und von-außen-Betrachtung und man hat am Ende ein Kaleidoskop von Erlebtem und Gefühltem der Hauptfigur, dass man auch nach und nach besser versteht, je weiter man im Lauf des Buchs die Puzzlesteinchen zusammensetzen kann. Es ist nicht unverschämt schwierig, dem zu folgen, aber es erfordert Achtsamkeit vom Leser. Und es hält in der zweiten Hälfte des Buches zwei für mich unerwartete Informationen bereit, die mich umgehauen haben, die aber einiges verständlich machen und die einen am Ende auch wieder an den Anfang des Buches bringen. Und zum Verständnis der Mehrdeutigkeit des Titels.

Das i-Tüpfelchen sind für mich einige wunderbar treffende Beschreibungen und Vergleiche, die mich sehr ansprechen.

... und als ihr die Flasche entglitt und als Laurits instinktiv versuchte, sie aufzufangen, da spürte er in der Dunkelheit unerwartet ihre kühlen Hände. Ein Schlag aufs Herz war das, und die Welt stockte, stolperte und richtete sich neu aus. Alle Pole waren festgelegt. Nord und Süd. Plus und Minus. In dieser Nacht verbanden sich seine rechte und ihre linke Hand magnetisch ....

... war als Einziger gebannt gewesen von den unendlichen Reihen fahler Plattenbauten, die wie Zahnstümpfe einer neben dem anderen in den Himmel ragten.....Von viel zu breiten Straßen, die sich wie aufgeworfenen Narben durch die Landschaft zogen. Von den weiten Flächen monochromen Nichts....Von dem nicht ausgerotteten Argwohn, der aus den Blicken der Menschen sprach....

Ich hoffe, ich habe Euer Interesse geweckt. Wer die Muse hat, achtsam zu lesen, dem lege ich diese Perle wärmstens ans Herz.

31 Oktober 2017

Gerda und die Portugiesen

Eigentlich sollte es ein müder, vertrödelter Tag werden. Aber wenn man schon mal in Hamburg ist, rappelt man sich doch mittags auf und fährt zu den Landungsbrücken. Bei meinem x-ten Besuch in Hamburg mache ich tatsächlich heute zum allerersten Mal eine geführte Hafenrundfahrt.
350 meter lange Kähne mit 10 x 15.000 P.S - oder so ähnlich
Mit schnodderigen und nie langweiligen Ansagen und Erklärungen cruisen wir mit der vollbesetzten Barkasse Gerda 2.0 anderthalb Stunden lang durch Containerhafen und Speicherstadt. "Treten Sie bitte beim Besteigen des Schiffs nicht allzu fest auf, der Kahn ist schon etwas älter!"

In der Brücke 10
Auf dringende Empfehlung des Schiffsführers eilen wir danach bis zum Ende der Landungsbrücken und stellen uns ne Viertelstunde an, um an der Brücke 10 das definitiv beste Fischbrötchen des Hamburger Hafens zu futtern.

Danach brauchen wir dringend was Warmes zu trinken und suchen uns im Portugiesenviertel erst mal ein kleines Café auf, wo wir mit einem Galao und heißer Schokolade unsere Betriebstemperatur wieder über den Gefrierpunkt heben.

Galao zum Aufheizen








Eine Stunde später und einige Querstraßen weiter wollen wir uns im Porto auch noch mit fester Nahrung versorgen, ein Fischbrötchen allein hilft einem nur bedingt über den Tag. Leider ist im Porto selbst nichts frei, daher führt der Kellner uns galant raus zum Nachbarn, dem NAU, wo wir einen letzten Platz vor der Garderobe ergattern können. Unglaublich, nachmittags um fünf sehen alle Restaurants im Portugiesenviertel pickepackevoll aus. Im NAU liegt neben der hauseigenen Karte tatsächlich auch die Karte vom Porto aus. Und das gegrillte Lachsfilet mit Krabbensahnesauce, Kartoffeln und Brokkoli muss dran glauben. Danach bin ich pickepackesatt und Petra ist heilfroh, dass sie sich für die kleinere Portion Gambis entschieden hat.

Der Tag ist gerettet und nach einem Absacker in der Hotelbar sind wir beide froh, als wir wieder auf dem Zimmer sind.
Sie halten gut durch

30 Oktober 2017

Von der Schanze bis Klamottensen

Wir spürten es heut morgen beim Frühstück: Die Zeit für einen Ausflug in die große Stadt war gekommen. Maren erwartete uns bereits an der Sternschanze, ein kleiner Rundgang durch Susannenstraße, Bartelstraße, Schanzenstraße und Schulterblatt sollte Petra etwas von der heruntergekommenen Schönheit dieses Viertels vermitteln. Nach einer freudigen Begrüßung kam ich mit den beiden Mädels genau bis ans zweite Geschäft in der Susannenstraße, Gusti Leder. In einem kleinen, überfüllten Laden werden dort Ledertaschen aller Art aus fairer Herstellung feilgeboten.

Hmmmh, das bedeutete, dass ich ne ganze Weile alleine Zeit hatte, das bunte Treiben auf der Straße zu beobachten. Im Laden gewann Maren das Rennen um die gleichzeitig ausgerufene "Boah, die ist aber schön!"-Tasche. Aber ich muss gestehen, in der Auslage sah ich wirklich wunderschöne Ledertaschen aller Arten und Größen zu erschwinglichen Preisen.


Unglücklicherweise kam zwei Läden später mit "Wolle & Strick" ein nächster unwiderstehlicher Magnet für die beiden Damen. Ich befürchtete schon, wir kommen heute nicht an der Bartelstraße an. Aber, ein Wunder, auch hier kamen beide wieder raus, ehe ich draußen Wurzeln geschlagen hatte.

Beim weiteren Rundgang sahen wir, dass es doch mittlerweile einige Leerstände und einige Geschäfte von großen Ketten gibt, die eigentlich nicht in dieses bunte alternative Viertel passen. Die Anzahl der Gustis geht langsam zurück.
Am Ende unseres Kurztrips schlug dann meine Stunde, als ich meine geliebte Schanzenbuchhandlung betreten durfte. Es war wie immer. Tolle Auslagen mit vielen interessanten Buchcovern, die man sonst in keiner gewöhnlichen Buchhandlung findet. Gekauft hab ich mir Kazuo Ishiguro, dessen begrabener Riese mich durch die nächsten Tage begleiten wird.
Meine beiden Begleiterinnen warern sehr fair zu mir und ließen mich sehr lange stöbern, während die beiden es sich nebenan im Cafe Stenzel gemütlich gemacht hatten.
Auf dem Weg zurück zur S-Bahn kamen wir wieder bei Gusti vorbei und konnten Petra nicht früh genug festbinden. Sie war jedoch tapfer und kam ungekaufter Dinge wieder aus dem Laden, als sie festgestellt hatte, dass sie genau so vier eine Tasche bereits hatte.
Weiter ging es mit der S-Bahn nach Altona, auch hier verschaffte ein längerer Rundgang über die Ottenser, Bahrenfelder, Friedensallee und Rainstraße einen Überblick über die bunte Kultur mit vielen kleinen Läden, die keiner Kette angehörten. Am Klamottensen konnten dann beide Mädels nicht vorbei gehen, was mir zu einem Espresso und einem Kokosbällchen mit Karamelfüllung verhalf.

Heut abend fuhren wir mal mit dem Bus nach Bergedorf-City und fanden im Lavastein einen gemütlichen Platz fürs leckere Abendessen. Zurück im Hotel angekommen sind wir beide froh, die Füße wieder hochlegen zu können.


Wir haben echt Glück, dass wir dem Unwetter ziemlich komplett durchgeflutscht sind. Wären wir einen Tag später nach Hamburg gefahren, hätte die Fahrt in Dortmund geendet. Und heute fuhren bereits alles S-Bahnen wieder regulär.

29 Oktober 2017

Alles gut in Bergedorf

Nach den Sturmflutmeldungen des letzten Tages waren wir froh, in Bergedorf ziemlich unbehelligt davon gekommen zu sein. So konnten wir heute kurz vor mittag einen größeren Spaziergang zum Campus der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) machen, die hier in Bergedorf einen großen Flohmarkt im Hochschulgebäude veranstaltete.



Flohmarkt, soweit das Auge reicht.
Ok, wir hatten unterwegs ein paar kleinere Hindernisse wie umgestürzte Bäume zu überwinden, kamen aber ohne größere Blessuren an der Hochschule an. Und der Flohmarkt stellte sich nicht als groß, sondern als riesig heraus. Und als sehr gut besucht. Obwohl hier mehr Ausstellungsfläche genutzt wurde, als wir jemals besuchen können, herrschte überall ein enges Gedränge und Geschubse. Nach ungefähr zwei Stunden waren wir beide übersättigt und wussten nicht mehr, wo wir hingucken sollten. Gekauft haben fast nichts. Ein paar DVDs, eine CD, das ein oder andere Buch, ein paar Schuhe und sonst nur ein paar Kleinigkeiten. Nach dem Rückweg zum Hotel brauchten wir dann doch eine kleine Verschnaufpause.

Happy man

Zum Glück fuhr hier draußen die S-Bahn wieder, und so konnten wir das Abendessen in der Bergedorfer Altstadt genießen, nur eine S-Bahn-Station entfernt.

Wir landeten schließlich im Fidelio, dort war's nett, lecker und bezahlbar, was man dem Herrn auf dem Bild wahrscheinlich ansieht. Holzfällersteak, Bratkartoffeln, Salat und Rhabarberschorle waren köstlich, über das Gericht der begleitenden Dame wurde ich gebeten, Stillschweigen zu bewahren. Aber ich glaube, den Knobi-Anteil riecht man auf dem Foto durch's Internet. Weil Petra auf dem Heimweg die letzten dreihundert meter von der S-Bahn zum Hotel rekordverdächtig mit kurzen schnellen Schritten überbrückte, waren wir pünktlich um acht zurück im Hotel, denn The Voice of Germany ist natürlich Pflichtveranstaltung.

28 Oktober 2017

Neue Erlebnisse mit der Deutschen Bahn

So sollte eine Reise immer beginnen: Ausgeschlafen frühstücken und dann in der Bahn-App sehen, dass der 9:06 von Andernach nach Koblenz nur 6 Minuten Verspätung hat - aber er fährt. Um zehn vor neun im Bahnhof dann die irritierende Feststellung, dass auf dem ausgehängten Abfahrtsplan bereits 9:12 steht. Wie sie diesen großen Plan so schnell neu gedruckt haben, ist mir ein Rätsel, zum als noch kein Bahnmensch weit und breit zu sehen ist. Aber gut, die Ansage über Lautsprecher verkündet ebenfalls die planmäßige Abfahrt um 9:12 auf Gleis 1. Endlich mal was, das klappt, toll.
Einer inneren Eingebung folgend gehe ich um 9 Uhr zum Bahnsteig, wo sich bereits ein erkleckliches Völkchen eingefunden hat. Belustigt folgt man den Ansagen, die wechselweise über Baustellen, Verspätungen und Zugausfälle berichten. Nur unsere Regionalbahn scheint nicht betroffen zu sein. Und tatsächlich rollt der Zug dann ein, es sing genügend freie Sitzplätze vorhanden, wir fahren ab. Kurz vor Weißenthurm schaue ich auf die Uhr - 9:09!
Ich frage meinen Nachbarn, ob jetzt wirklich die Bahn zu früh war. Der ist genauso erstaunt, das wäre für uns beide ein Premiere und ist eigentlich unvorstellbar. Wir ziehen eher temporäre Phänomene von Zeitverschiebung in Betracht, können uns das nicht anders erklären.
Als wir dann kurz vor Lützel eine sechsminütige Pause auf freiem Feld einlegen, ist das galaktische Zeitgefüge wieder im Takt und ich steige planmäßig in Koblenz aus.
Petra kommt auch kurz darauf am Bahnhof an. Gemeinsam beobachten wir besorgt die Anzeigetafel.

Interessante Tafel, besonders die rechte Spalte

Die meisten Züge haben Vermerke wie 'Zug fällt aus', 'Wg Baustelle ...' oder '+Verspätung XX Minuten+', unser IC taucht noch nicht auf. Wir gehen früh genug zum Bahnsteig, gehen lt. Wagenstandsanzeiger ans südliche Ende des Bahnsteigs - und lauschen dort der Ansage, dass die Wagenreihenfolge neu ausgewürfelt wurde. Zum Glück versteht Petra die folgende Ansage, dass unser Wagen 17, eigentlich als letzter Wagen geplant, an zweiter Stelle einfahren wird. Hinter Wagen 15, danach hören wir nicht mehr zu und machen uns auf den halbstündigen Weg zum Nordende des Bahnsteigs.
Und tatsächlich, der Zug ist pünktlich, Wagen 17 ist dabei, die reservierten Plätze sind frei. Wenn man fest dran glaubt, dass am Ende alles gut wird, klappt das auch.

Jetzt geht's looos!

So genießen wir die weiteren Ansagen über Verspätungen und andere lustige Sachen wie 'Ich darf Sie auf unserer Bordbistro hinweisen. Kaffee ist dort heute leider nicht erhältlich.'. Hier wird es nie langweilig.
Petra hat vorsichtshalber genug Strickwolle eingepackt. Wie gut!

Und tatsächlich, hinter Osnabrück wird es nun richtig kuschelig. Die Verspätung ist mittlerweile auf 45 Minuten angewachsen. Wir stehen mitten im Nichts. Und warten. Die nette Zugführerin informiert uns, das vor uns ein Güterzug liegen geblieben ist. Natürlich just auf unserem Gleis. Alle zehn Minuten ruckeln wir ein wenig weiter, um dann mit neuer Ansage wieder stehen zu bleiben. Aktuell ist der Güterzug in Sichtweite, die Zeitdilatation beträgt 63 Minuten. Und nun fahren wir am Güterzug vorbei. Es besteht tatsächlich die Chance dass wir Hamburg noch bei Tasgeslicht erreichen. Für Bremen werden gerade 75 Minuten angesagt. Petra vollendet das zweite Paar Socken. Geht doch!

Am Ende lerne ich trotz langjähriger Bahn-Erfahrung noch etwas Neues dazu. Im Zug verteilen die Zugbegleiter abgestempelt Reklamation storm unsre mitsamt Briefcouverts. Ich fülle bereits im Zug alles aus, im Hamburger Hauptbahnhof ergänze ich noch die Ankunftszeit, mehr als eine Stunde verspätet. Ich finde jedoch keine Möglichkeit, das zweite Ticket für Petra mit anzugeben, ich hab die beiden Plätze zusammen gebucht.
Die freundlichen Bahnmenschen in Hamburg klären mich darüber auf, dass nur eine Erstattung pro Buchung gewährt wird. Und da ich die Rückfahrt direkt mit gebucht habe, muss ich diese erst abwarten, damit ich das Originalticket mit der Reklamation abgeben kann.
Also: Zukünftig Hin- und Rückfahrt getrennt buchen, und zwar für jeden einzeln. Die Bahn wird nicht von heute auf morgen pünktlich sein, und so bekommt man für jede Verspätung über einer Stunde einen Teil des Fahrpreises zurück, und das gilt dann für jeden Mitfahrer. Wieso die Bahn sich solcher Winkelzüge im Kleingedrucktes bedient, mag sich jeder selbst beantworten..

Wir sind gut angekommen und fallen nach einem opulenten Abendessen im Hotelrestaurant gleich müde in die Betten.


09 Oktober 2017

Skippy zum Dritten

Oh Mann, es ist vollendet, das Buch fertig gelesen. Ich muss meine erste Einschätzung noch einmal korrigieren. Es geht nicht nur um eine Jugend in einem Dubliner Internat, es geht um mehr.
Es geht um Wahrheit und Lüge, um Freundschaft und Liebe, um die tausend Dinge, die dazwischen liegen und um die sich unser eigentliches Leben dreht, tagtäglich. Nämlich um vermeintliche und richtige Wahrheiten und gute und schlechte Lügen, um falsche und richtige Freundschaften und wahre und enttäuschte Liebe. Es geht um den vermeintlichen Sinn des Lebens, der sich als niederschmetternde Fälschung erweisen kann. Es geht einfach um alles.
Obwohl Skippy schon auf den ersten Seiten stirbt, befasst sich das ganze Buch mit dem Weg dorthin, kommt irgendwann bei Skippys Tod wieder an - und geht dann weiter. Eine schräg aufgebaute Dramaturgie, nichts zum gedankenlosen Runterlesen, mich hat es bis zum Schluss sehr berührt.
Und ich konnte mir ein paar Tränchen am Ende nicht verkneifen.

Zur Erinnerung an Ruprecht van Doren: Doughnuts

01 Oktober 2017

Lesestunde unter blauem Himmel

Schöner Oktober in der Pellenz
Skippy stirbt unter freiem Himmel, ein Lesevergnügen besonderer Art, wenn der Oktober einen so begrüßt wie heute. Hach!

29 September 2017

Ein Roman über das Erwachsen werden in Dublin

Auch mit diesem Buch scheine ich mal wieder einen Volltreffer an Land gezogen zu haben. Hilde hat es vor mir gehabt und mich schnell davon überzeugt, dieses Buch als Nächstes zu lesen. Der Klappentext beginnt so:

Ruprecht Van Doren ist ein übergewichtiges Genie, seine Hobbies sind komplexe Mathematik und die Suche nach außerirdischer Intelligenz. Mit Daniel >Skippy< Juster teilt er sich ein Zimmer im Turm des Seabrook College, einer altehrwürdigen Dubliner Institution, in der sich keiner so richtig für die beiden interessiert.

Schon auf den ersten Seiten (bis 79 bin ich gekommen, 780 sind es insgesamt) werden nicht nur die beiden Protagonisten, sondern auch einige andere Mitschüler und Lehrer in ihren Alltagssituationen so dargestellt, dass man sich gut in die Szenen hineinversetzen kann. Sehr berührt hat mich eine Passage auf Seite 36, die ich hier zitieren möchte:

Man verbringt ja einen großen Teil seiner Kindheit vor dem Fernseher und denkt, dass man alles, was man da sieht, eines Tages selbst erleben wird: Ein Formel-1-Rennen gewinnen, Trainhopping machen, einer Terroristengruppe das Handwerk legen, zu jemandem "Geben Sie mir die Waffe!" sagen usw. Dann kommt man in die höhere Schule, und plötzlich fragen einen alle nach beruflichen Plänen und langfristigen Zielen, und mit Zielen meinen sie nicht die, die man dereinst im DFB-Pokal zu erreichen hofft. Nach und nach dämmer einem die schreckliche Wahrheit - dass die Zukunft nicht die Achterbahnfahrt sein wird, die man sich vorgestellt hat, dass die Welt der Eltern, die Welt, in der man abwaschen, zum Zahnarzt gehen und am Wochenende im Baumarkt Bodenfliesen kaufen muss, weitgehend das ist, was die Leute meinen, wenn sie "Leben" sagen. Jeden Tag scheint sich jetzt eine weitere Tür zu schließen, die etwa, auf der PROFISTUNTMAN oder KAMPF GEGEN BÖSEN ROBOTER steht, bis dann im Lauf der Wochen auch die Türen mit Aufschriften wie VON EINER SCHLANGE GEBISSEN WERDEN, DIE WELT VOR EINEM ASTEROIDEN RETTEN oder IN LETZTER SEKUNDE EINE BOMBE ENTSCHÄRFEN eine nach der anderen zufallen und man das Geräusch allmählich sogar mag und anfängt, einige Türen selbst zu schließen, auch solche, die ruhig offen bleiben könnten.

Ich finde, berührender kann man das Erwachsenwerden kaum beschreiben. Wer Geschmack dran gefunden hat, dem empfehle ich die Buchhandlung meines Vertrauens in Andernach Anker-Buch oder online die Bestellung beim sozialen Versender buch7.

22 September 2017

Der Lauf der Dinge

Das Wochenende bot erneut ein gutes Beispiel dafür, was ich noch alles lernen kann im Leben. Auch als alter Knochen bin ich davor nicht gefeit, zum Glück. Diesmal begann es am Freitag mit unserem beliebten Retro-Skat. Unser Gastgeber Tom empfing uns gut gelaunt auf seiner überdachten Terese, zum Skatkloppen begaben wir uns dann doch lieber ins Warme. Schon beim ersten Spiel ging es los. Das Gefühl kennt wahrscheinlich jeder Skatspieler. Du kriegst ein Mistblatt, mit dem Du auch nicht ramschen kannst, sagst 18, und dann hast Du die Scheisse am Bein. Und von da an wusste ich, dass das an diesem Abend nicht mehr besser wird, egal wie gut ich spiele. Diesmal hab ich es, im Gegensatz zu früher, schnell akzeptiert.

Die drei Cracks - alle etwas retro
Dieser Abend ist nicht meiner und wird es auch nicht mehr. Du reizt auf ein Spiel ohne zwei mit fünf halbgaren Trümpfen, einem As und vier Batschfaulen. Kriegst mit 18 das Spiel und findest - zwei weitere Faule von Deiner bisherigen Fehlfarbe. Sechs Faule aus drei Farben. Was drückst du? Egal, was Du drückst, es ist FALSCH. Irgendwas muss man drücken. Ok, Du drückst Dich in einer Farbe frei. Behältst Das As bestellt und drei kleine Karo. Du sitzt hinten. Was spielt Vorhand auf: Die blanke 10 von der Farbe, die Du dreimal schwach behalten hast. Karo 10. Der andere das As, und Du bist verratzt. Nach drei Stichen haben die Gegner 49 Punkte. Sie haben noch die Zehn von deinem bestellten As und die höchsten zwei Bauern. Tataa!
So setzte es sich den ganzen Abend fort, aber ich rege mich nicht auf. Frau Werwolf würde sagen: "Das g'hört so!". Für einen solche Abend schlage ich mich mit zwei verlorenen Runden von sechs noch ganz beachtlich. Aber ich kann die Hauptsache genießen: Einen schönen unterhaltsamen Abend mit den alten Cracks, Darum bin ich hier.

Als ich kurz vor Mitternacht Long Tall Earnie daheim absetze, geht es mir gut und freue mich auf einen langen Schlaf.