30 September 2016

Leben so wie ich es mag

Mir ist das alte Lied von Volker Lechtenbrink schon immer sehr nahe gegangen.


Leben so wie ich es mag
Leben spüren Tag für Tag
Das heißt immer wieder fragen
Das heißt wagen und nicht klagen
Leben so wie ich es mag

Und heute wie auch in den letzten Tagen ist diese Frage in Bezug auf mein eigenes Leben oft durch meinen Kopf gegeistert. Was mag ich? Und was mag ich nicht? Dabei ist mir vieles ein- und aufgefallen, was auf den ersten Blick nicht so wichtig ist, nicht so das große Thema des Lebens ist, was aber ein bestimmtes Lebensgefühl widerspiegelt und deshalb für mich wichtig ist.
Ich mag ich es beispielsweise, mit meinem Verein mitzufiebern. Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt.

Ich mag es, diese Hymne zu hören, mit der Gröni seine Liebe zu dieser Stadt und zu diesem Verein ausdrückt. Das, was er an dieser Stadt so schätzt, lässt sich in vielen Punkten auf mein Wunsch-Menschenbild übertragen.

du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau,
du liebst Dich ohne Schminke, bist ne ehrliche Haut,
leider total verbaut, aber grade das macht Dich aus!

du bist keine weltstadt, auf deiner königsallee
finden keine modenschauen statt
hier, wo das herz noch zählt, nicht das große geld
wer wohnt schon in Düsseldorf?

Ich mag es, mich doll zu freuen, wenn meine Jungs gewinnen oder mich ein wenig zu grämen, wenn es nicht so läuft. Ich mag es auch, mit Freunden darüber zu frotzeln, so oder so.

Ich mag RedBull Leipzig nicht, weil das ein gnadenlos kapitalistischer Kackverein ist, aber ich mag es, niemals auf einen Leipziger Sieg zu tippen, auch wenn ich dadurch niemals die Tipprunde gewinnen könnte.

Aber es gibt natürlich auch außerhalb des runden Leders Mögenswertes:

Ich mag es, mich im Kreis von guten Freunden gemocht zu fühlen.
Ich mag es, Zeit für mich zu haben.
Ich mag Menschen, die einen Arsch in der Hose haben.
Ich mag es, kontrovers zu diskutieren, ohne verletzend zu sein.
Ich mag es, bei unterschiedlichen Sichtweisen gemeinsam gute Lösungen zu erarbeiten, konstruktiv und konsenswillig, offen und ehrlich.
Ich mag es, unterschiedliche Sichtweisen stehen zu lassen, wenn kein Konsens zustande kommt.
Ich mag es, sich trotz unterschiedlicher Sichtweisen zu mögen.
Ich mag Menschen, die für ihre Überzeugung Nachteile in Kauf nehmen.
Ich mag Menschen mit Demut gegenüber dem Universum.
Ich mag es, mich selbst ob dieser Wunschvorstellungen zu hinterfragen.
Ich mag melancholische Schönheit.
Ich mag morbiden Charme.
Ich mag Vielfalt.
Ich mag Stille.
Ich mag 4-tägige Stadturlaube in mir unbekannten Städten.
Ich mag 2-wöchige Inselurlaube am Meer in mir bekannten Orten.
Ich mag Nachhaltigkeit, bio, fair und wirtschaftlich.
Ich mag die alten Lieder von Bernies Autobahn Band und der Gebrüder Engel.
Ich mag die neuen Songs von Radical Face und Death Cab for Cutie.

Ich mag keine Menschen, die sich über Ungerechtigkeit nur dann beklagen, wenn sie selbst einen Nachteil befürchten, sich aber, wenn sie davon profitieren können, über jeden Gerechtigkeitssinn hinwegsetzen.
Ich mag keine Menschen, die für sich alles wollen, am besten gratis und mit Garantie.
Ich mag keine Menschen, die mit falschen Karten spielen.
Ich mag keine Menschen, die mir gegenüber so tun, als würden sie mich mögen, und hinter meinem Rücken verbreiten, was ich für ein Arschloch sei.
Ich mag keine Menschen, die glauben, sie hätten die Wahrheit alleine gepachtet.
Ich mag solche Menschen nicht, aber ich hasse sie auch nicht.
Ich mag keinen Hass.

So, das musste einfach raus. Peace!

09 September 2016

Flussgeschichten von Andernach bis Bonn

Ein herrlicher Sommertag machte uns heute morgen Hoffnung auf einen schönen Betriebsausflug. Und diese Hoffnung erfüllte sich für uns komplett.
Wir legten pünktlich wollten um 9 Uhr pünktlich mit unserem Rheinschiff ablegen, aber ein einzelner Kollege kam erst um kurz nach 9, stellte aber am Ufer seine Sprintqualitäten unter Beweis. Kurz nach 11 in Bonn angekommen, verteilte sich die Belegschaft rasch in der ganzen Stadt. Pützchensmarkt, Bierkeller, Museumsmeile, Shoppingstraßen waren die bevorzugten Ziele. Wir, das waren Caroli, Ernestov und ich, spazierten gemütlich in den Botanischen Garten, wo es viele Gewächse aus aller Welt zu bestaunen und viele Bäume zu umarmen gab.
Eine Zeder zum Umarmen
Wir kamen mit einer Mitarbeiterin ins Gespräch, die uns erzählte, dass sie am Mittwoch mit ihrem Betriebsausflug in Andernach war und die essbare Stadt und den Geysir bestaunt hat. Zufälle gibt's...
Anschließend fanden wir das Bio-Bistro Villa Campus mit schöner Hofbestuhlung, ein echter Geheimtipp.
Bio-Bistro Villa Campus
Pizza und Pasta waren köstlich und bezahlbar, ebenso die Rhabarberschorle.
Nach dem Essen verbrachten wir die restliche Zeit mit dem Plündern von Buchhandlungen und Eis-Cafés.
Nun sitzen wir zufrieden wieder auf dem Schiff, gesättigt und mit Getränken versorgt, und fahren in den Sonnenuntergang. Ein herrlicher stressfreier Tag neigt sich dem Ende zu.

04 September 2016

Anleitung zum Glücklichsein:
15. Andernacher Kulturnacht 2016

Diesmal spielte der Wettergott mit. Ein schöner Sommerabend zauberte das richtige Ambiente in die Andernacher Innenstadt. Wir waren (wie immer) gut vorbereitet. Fabienne und ich hatten uns aus dem reichhaltigen Kulturprogramm je einen Fahrplan ausgearbeitet, in dem die Acts, die man auf jeden Fall sehen bzw. hören wollte, chronologisch so zusammen gestellt waren, dass wir einige Highlights gemeinsam erleben könnten. Dass das niemals alles perfekt klappt, dass nie der gesamte Fahrplan eingehalten wird, ist eh klar. Aber als Rahmenplan ist das schon ne gute Sache.
Der Anfang um 18 Uhr im Kunstdorf ist schon traditionell, durch freudige Wiedersehen mit alten Bekannten war schon um 18:20 die erste kleinere Inkonsistenz im Zeitplan eingetreten. Aber das war uns dann auch egal und wir bestätigten von nun an unseren Ruf als Kulturnachtschwärmer.

Unterwegs von einem Event zum nächsten trafen wir auf Stelzengänger und an jeder 2.Ecke auf eine Band.
Das Trio Contraire auf der Naturbühne hinter der Christuskirche war ein echter Hinguckerhörer. Die anschließende lustige Lesung von Herrn Buchinger und seinen WORTLAUTEN Damen in der Stadtbücherei (Thema: Anleitung zum (Un)glücklichsein) bot uns eine kurzweilige Atempause in der mittlerweile gut gefüllten Stadt. Der Weg über die Hochstraße mutierte teilweise zum Pogo-Walk, so groß war der Zuschauerandrang.

Von den Bad Smurfs konnte ich leider im Vorübergehen nur kurz hören, dass die Sängerin eine geile Stimme hat. Aber der nächste Act wartete schon: Am Läufkreuz spielte das Ensemble des TiK mit meiner Kollegin Fatima sensationell gute pantomimische Szenen, die den Begriff der Freiheit durch die deutsche Geschichte führten. Von "Pommerland ist abgebrannt" über niedergeknüppelte Protestbewegung bis zum Mauerfall, das rührte mich teilweise so an, dass die Augen Wasser gaben.

Das TiK (Theater im Keller)

Dann mein nächstes persönliches Highlight: Der Obertongesang von Georg Holtbernd und Ruth Stöcker  im Mariendom. Was diese beiden ihren Kehlen und Instrumenten an Tönen entlockten, brachte mich immer wieder dazu, die Augen zu schließen und meine Seele in diesen sphärischen Klängen mit schweben zu lassen. Fantastisch!
Danach legten wir eine Ruhepause an der Eisdiele ein. Ich durfte anschließend noch meinem Kollegen Guido zujubeln, der als Frontmann der Band Heavens a Beer den Stadthausplatz wirklich rockte. Die vielen mitsingenden, klatschenden und tanzenden Leute zeigten, dass die Jungs richtig gute Laune verbreitet haben. Äfeler Mundart-Rock zum Mitsingen.

Heavens a Beer

Den Abschluß machte Feuerzauberer Lemmi am Läufkreuz mit spektakulären Jonglagen (sagt man das so?) und einem genauso rasanten Mundwerk. Gegen halb eins waren wir dann wieder zu Hause und genehmigten uns noch einen Abschluss-Espresso.
Fazit: Wie jedes Jahr ein richtig schöner Abend, viel gehört und gesehen, gefühlte 73 Freunde, Bekannte und Kollegen getroffen. Toll, dass Fabienne wieder mit dabei war. Und ein dickes Lob an die Kolleg*Innen vom Andernacher Kulturamt. Was die auch dieses Jahr wieder mit wenig Mitteln auf die Beine gestellt haben, war beeindruckend. Die Andernacher Kulturnacht ist ein echtes Highlight am Mittelrhein geworden.

02 September 2016

"Geht gleich los!" bei DEUTSCHE BAHN

Das haben wir in den letzten beiden Wochen des öfteren gehört, scheint so ne Fehmarn'sche Redewendung zu sein. Im Restaurant, "Wir möchten bitte zahlen!" - "Jou, geht gleich los!". "Wir hätten gern noch 2 Bier!" - im Vorbeilaufen "Geht jetzt los!". Und dann ging's auch los.

Heute morgen allerdings fahren mich die Freunde und Gastgeber zum Bahnhof. Am Bahnsteig, schnell nochmal (zum 3.Mal) aufs Ticket geschaut, ok, WAGEN 12, PLATZ 56, 1.Klasse, Nichtraucher. Burg ist ein Sackbahnhof, oder besser ein Sackgleis. Wir rätseln noch, ob die 1.Klasse vorn oder hinten sein wird, weil sich nach der Weiterfahrt ja vorn und hinten gedreht haben. Ich mutmaße nach meinen Erfahrungen mit der Deutschen Bahn, dass es wahrscheinlich da sein wird, wo ich nicht stehe. Wir bleiben am Kopfende des Bahnsteigs stehen. Und dann rollt der Zug ein - zuerst kommt die Lok und dann Wagen 11, 1.Klasse. Ich kann mein Glück kaum fassen, hab mich schon mit schwerem Koffer und Rucksack ans andere Zugende hecheln sehen, als nächstes hält direkt vor meiner Nase: WAGEN 13, 2. KLASSE. Wo ist Wagen 12?

Wo ist Wagen 12?

Hmmh, was nun? Dieser Zug als einzige Direktverbindung zwischen Fehmarn und Nürnberg wird erfahrungsgemäß spätestens ab Bremen richtig voll. Zum Glück erscheint freundliches Zugpersonal am Bahnsteig. Eine Bedienstete in Uniform erklärt mir auf Nachfrage, dass ich Wagen 12 gar nicht reserviert haben könne, weil der erst in Hamburg angehängt wird. Ich müsse mich wohl verlesen haben. Als ich dann zum 4.Mal das Ticket kontrolliere und es ihr zeige, bewirkt dies bei ihr Kopfschütteln und allgemeine Ratlosigkeit. Meine Bemerkung, dass es sicher auch in Wagen 11 einen Platz 56 gebe, quittiert sie mit einer hochgezogenen Augenbraue.
Dann kommt ihr der männliche Kollege zur Hilfe. Auf dem Weg zu Wagen 11 teilt er mir mit, dass man derzeit mangels Strom keine Reservierungen sehen könne. Ich schwinge mich daher erstmal auf Platz 56 in Wagen 11, einen schönen Fensterplatz in einem gänzlich leeren 6er-Abteil. Als kurz darauf die Reservierungen wieder sichtbar sind, weist er mir freundlich den Platz 26 zu, 5 Abteils weiter, in einem ebenso leeren bahn.comfort-Abteil. Hier ist die Chance sehr groß, bis zum Ausstieg eine unbeschwerte Heimfahrt genießen zu können.
Wir rollen los, die Freunde winken am Bahnsteig, die Sonne scheint, ein Tränchen kullert. Und ich erwarte sehr gelassen, welche Überraschungen mir die Deutsche Bahn heute noch bietet.

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Zwischen Lübeck und Hamburg erste kurze Stopps auf offener Strecke, "Technische Betriebsstörung" oder so ähnlich. Ankunft in Hamburg ein paar Minuten später. Weitere Ansagen. An der Zugspitze soll nicht nur der ominöse WAGEN 12 angehängt werden, sondern noch 3 weitere Wagen. "Reisende in der 2.Klasse, die ihre reservierten Plätze nicht finden, können an der Zugspitze nach freien Plätzen in der 2.Klasse suchen" oder so ähnlich. Anschließend Völkerwanderungen drinnen und draußen.
Ich sitze gemütlich in meinem bahn.comfort-Abteil, wo sich nach und nach weitere Gestrandete einfinden. Es ist geräumig und ruhig hier - und moderat klimatisiert.
Wir verlassen Hamburg mit mehr als 20 Minuten Verspätung, meine Zeitplanung scheint aufzugehen. Dass der Zug planmäßig um 16:46 in Koblenz eintrifft, war so wahrscheinlich wie der Friedensnobelpreis für Donald Trump. Da ich erst 1 Stunde später am Bahnhof abgeholt werden kann, könnte diese Planung aufgehen.
Wie sockt unser Kaiser Franz, der Unsägliche: Schaumama!

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Zwischen Bremen und Osnabrück reduzierten wir die Verspätung durch den couragierten Fahrstil des Zugführers auf eine knappe Viertelstunde, was jedoch nach einigen Schleich- und Bummelpausen auf einsamer Landpartie in Münster schon wieder Geschichte ist. Immerhin erfuhren wir unterwegs mittels mehrsprachiger Durchsagen, dass Reisende nach Holland ein Problem haben, da der Zug nach Amsterdam diesmal nicht in Münster halte. Grund seien defekte Oberleitungen in den Niederlanden. Vielmehr sollen Amsterdamfahrer von Osnabrück aus mit dem Regionalzug zu einem mir bis heute unbekannten Grenzstädtchen fahren, von dort würde die niederländische Bahn Ersatzbusse bereit stellen. Man solle den örtlichen Ansagen lauschen. Nach unseren diesbezüglichen Erfahrungen bei der Amsterdam-Tour im Juni diesen Jahres ist zu befürchten, dass man in den nächsten Tagen einige Gestrandete auf verlassenen Bahnhöfen zwischen Neuß und Nevertown einsammeln muss, die diesen Hinweisen Glauben geschenkt haben. Wir erreichen gleich Dortmund und ich bleibe meinem bahn.comfort treu.

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Auch der letzte Teil der Reise verläuft ohne Zwischenfälle. Allerdings steige ich schon in Bonn aus und fahre von dort direkt mit dem Regionalexpress nach Andernach. Eine liebe Freundin holt mich am Bahnhof ab und bringt mich nach einem Thai-Happen nach Hause. Spätestens als ich überlegen muss, welcher Schlüssel auf meine Haustür passt, wo denn die Espressotassen stehen und was meine letzte Notiz auf dem Block überhaupt bedeuten soll, weiß ich, dass ich 2 Wochen lang ganz weit weg war.

Petra schreibt mir eben, dass Jessy immer noch um die Hütte läuft und schnuppert und mich zu suchen scheint. Sie sieht ein wenig traurig aus. Das geht mir jetzt doch nah. Jessy, ich komme wieder!

Jessy neben der (leeren) Wohnhütte



01 September 2016

Abschied im Piraten-Nest

Der letzte Abend auf der Insel ist da. Wir sitzen gemütlich im Wintergarten und lesen, schmauchen, schreiben. Heute nachmittag konnte ich noch Hardys Schwester kennen lernen, die mit ihrem Angetrauten ebenfalls auf der Insel Urlaub macht.
Das 3. Thommie-Bayer-Buch ist ausgelesen, der dicke SciFi-Schmöker "Das Objekt" von John Sandford und CTEIN muss nun für heute und die morgige Zugfahrt dran glauben.

Piraten im Nest

Für das Abschiedsessen heute Abend hatte Petra das Piraten-Nest in Orth vorgeschlagen, was sich als hervorragende Idee erweisen sollte. Mit Freunden auf der hölzernen Hafenterrasse sitzen, den Sonnenuntergang bei köstlichen Matjes, Brathering und "Calamares groß" beobachten, das erwärmte trotz einsetzender Abendkühle Bauch und Herz. Wer im Sommer Fehmarn besucht, sollte sich das nicht entgehen lassen.
Und so genieße ich den letzten Abend im Wintergarten und ahne (und hoffe), dass dies nicht mein letzter Besuch auf der Insel sein wird.